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Der Bahnhof

Das Bahnhofsgebäude in Wieselburg steht unter Denkmalschutz. Es wurde im Jahr 1899 fertig gestellt und am 1. Februar 1900 feierlich eröffnet. Die Bahn ins Große Erlauftal war bereits seit 1877 in Betrieb. Bis zum Bau des Bahnhofes befand sich ein provisorisches Aufnahmegebäude an seiner Stelle. Der Wieselburger Bahnhof war bereits bei seiner Eröffnung mit elektrischem Licht ausgestattet. Der Strom dafür kam aus dem Wasserkraftwerk von Brauerei-Besitzer Caspar Bartenstein. Im Gebäude befanden sich Wohnungen für den Stationsvorstand und den Stationsmeister. Der Weichensteller wohnte in einem Wächterhaus in Sichtweite des Bahnhofes, das heute nicht mehr existiert. 1955 wurden elektrische Uhren angeschafft, was einen großen technischen Fortschritt bedeutete.  

Die Bahnhöfe Wieselburg, Purgstall und Scheibbs wurden nach demselben Plan erbaut. Der Scheibbser Bahnhof ist heute nicht mehr in dieser Form erhalten.  

Bahnbau im Erlauftal

Der Bahnbau im Erlauftal war Mitte des 19. Jahrhunderts beschlossen worden. Vor allem die Eisenherren Andreas Töpper in Neubruck, Josef Heiser in Kienberg, Anton Fanta in Neustift und Ignaz Höfinger in Scheibbs waren schon immer sehr am Bau der Erlauftalbahn interessiert. Sie mussten bis zum Transport auf der Schiene ihre Eisenwaren mit dem Pferdefuhrwerk nach Ybbs bringen und dort auf Schiffe umladen.  

Der Bahnbau stellte trotz des flachen Geländes eine große Herausforderung dar. Es mussten zahlreiche Uferschutzbauten entlang der Erlauf gebaut werden. Die strohgedeckten Dächer der umliegenden Häuser waren durch den Funkenflug stark brandgefährdet und mussten mit Blech gedeckt werden. Es wurden Bahnstationen, Wasserstationen, Signalhütten, Güterschuppen und Wächterhäuschen errichtet. 

Erste Zugfahrt

Am 20. Oktober 1877 fuhr der erste Zug mit einer Geschwindigkeit von 12 Stundenkilometern durch das Erlauftal. Die Bahnhöfe waren blumengeschmückt und an den Stationen drängten sich die Menschen, um das dampfende Ungeheuer näher betrachten zu können – die erste Fahrt der Bahn gestaltete sich zu einem Volksfest, denn die Menschen hatten bis dahin noch nie einen Zug gesehen. Man befürchtete, dass es durch diese technische Neuerung zu zahlreichen Unfällen kommen könne, dass etwa durch die rasante Fahrt ein enormer Luftdruck aufgebaut würde, der die menschliche Lunge zum Platzen bringe. 

Große Erlauftalbahn

Die Große Erlauftalbahn wurde im Jahr 1915 für den Bau des Kriegsgefangenenlagers in Wieselburg eingesetzt. Das gesamte Baumaterial wurde mit Hilfe der Bahn ins Tal gebracht. So hatte sie im Jahr 1915 ein vermehrtes Aufkommen von mehr als 20.000 Waggons.  

Die Eisenbahn beeinflusste Wieselburg auch positiv: Unternehmen und neue Familien siedelten sich im Ort an, der stetig wuchs und langsam zu einer Metropole an der Erlauf wurde. Der gesamte Gütertransport verlief über die Bahn und die großen Firmen, wie etwa die Brauerei Wieselburg, bauten Anschlussgleise zu ihren Werksgeländen. Die Wieselburger Brauerei ist der älteste und treueste Bahnkunde und hatte bereits im Jahre 1896 ein Schleppgleis zur Brauerei, auf dem Ochsen die Waggons ins Betriebsgelände zogen.  

Die Erlauftalbahn brachte auch den Tourismus ins Tal. 1935 war es bereits möglich, mit ihrer Hilfe von Wien ausgehend eine Ötscherbesteigung an nur einem Tag vorzunehmen. Zu den Feiertagen gab es durchgehende Züge bis Wien und nicht selten kam der Zug bereits hoffnungslos überfüllt nach Wieselburg und es mussten weitere Waggons angehängt werden.  

Kleine Erlauftalbahn

Bereits 1890 verfasste Vinzenz Pötsch eine Gedenkschrift zum Bau einer Bahn in das Kleine Erlauftal, es sollte allerdings noch 37 Jahre bis zur Realisierung dauern. Die Initiatoren der Bahn mussten zahlreiche Rückschläge hinnehmen, wie den Entzug der Konzession, die Einquartierung von Flüchtlingen in die Bahnhöfe, den Abzug von Materialien, die in den Kriegsgebieten dringend gebraucht wurden. Die sich im Bau befindliche Kleine Erlauftalbahn wurde auch als „Lagerbahn“ benutzt.  

Am 15. April 1927 wurde die endgültige Konzession erteilt. Am 20. Juni traf der blumengeschmückte Eröffnungszug mit Bundespräsident Hainisch in Gresten ein. Beim Bau dieser Bahn fungierte ein heute historisch bedeutender Mann, nämlich Julius Raab. Mit dem Bau der „Kleinen Bahn“ wurde Wieselburg zum Bahnknotenpunkt und ist heute Zugleitzentrale – von hier werden alle Züge der Region dirigiert.  

1992 wurde der Personenverkehr auf der kleinen Erlauftalbahn eingestellt. Die Schmalspurbahn wurde 1998 auf Normalschiene umgespurt und dient seither dem Frachtverkehr der Firmen Mosser und Welser. Am Streckenabschnitt Wieselburg–Ruprechtshofen verkehrte von 2011 bis 2017 das "Mostviertler Schienenradl" (Draisinenbahn).